Ärger verwandeln, wirklich passende Lösungen finden und das Arbeitsklima verbessern

Ja Achtsamkeit im Business ist ein Wunsch, den viele hegen. Nur wie ist er zu verwirklichen?
Und was geschieht, wenn man nicht achtsam ist?
Fangen wir bei dem an, was geschieht, wenn man nicht achtsam ist?

Oh da kann wirklich viel passieren, z.B.

  • Kunden reagieren verärgert und suchen nach anderen Anbietern
  • Mitarbeiter sind verärgert und versuchen sich zu schützen, abzugrenzen, bringen sich also nicht mehr voll ein, manche kündigen sogar innerlich oder verlassen das Unternehmen ganz
  • Ärger und destruktiver Streit mit wichtigen Partnern in und außerhalb des Unternehmens
  • abweisende Reaktionen auf Verbesserungsvorschläge
  • abweisende Reaktionen auf Bitten und Frustration auf beiden Seiten
  • andauernde oder hartnäckige Kämpfe ums Rechthaben, Beschuldigungen, strikte Anweisungen, Durchdrücken von einseitigen Sichtweisen, unterschwellige Ängste und Befürchtungen, Vertrauensverlust und Dienst nach Vorschrift sowie zunehmende Unlust, ja manchmal auch Mobbing bestimmen den Alltag.
  • Und als Person man bezahlt oft in Form von Krankheit, Überforderung oder zerbrochenen Beziehungen.

Auf diese Weise entstehen alle möglichen Arten von Schäden für das Unternehmen –

und alle möglichen Arten von Schäden für einen selbst als beteiligte Person – und zwar egal ob ich mich zunächst als Gewinner erlebe oder als Unterlegenen. Der Gewinner hat nur einen momentanen und scheinbaren Vorteil, den er später verliert, oft härter dafür bezahlt, als gedacht.

Wie kommen wir da wieder raus?

Alle diese oben beschriebenen Symptome sind eigentlich Alarmsignale,
also Weckrufe, dass etwas nicht stimmt.
Und es ist erste Schritt, diese Symptome zu bemerken und sie eben nur als Alarmsignale zu sehen.

Wie dann weiter?

Am besten man schaut erst mal zu sich selbst,
denn offenbar spüre ich ja diese Alarmsignale, es sind also vor allem Signale für mich und sie zeigen,
dass für mich etwas nicht stimmt.

Dann ist es hilfreich, sich den ganzen Stress, diesen ganzen Ärger, diese ganzen Zuschreibungen und Beschuldigungen und Urteile anderen und mir selbst gegenüber aufzuschreiben – und: Sie nicht als die Wahrheit anzusehen. (In der Gewaltfreien Kommunikation nennt man das Ärger-Show oder Gedanken-Show.)
Es sind einfach Gedanken – hinter denen sich unerfüllte Bedürfnisse verstecken. Diese Bedürfnisse gilt es zu finden, denn bisher sind sie unerkannt und so können sie nicht erfüllt werden. Stattdessen haben wir gelernt, uns massiv zu ärgern. Nur das macht nichts besser.

Schauen wir uns einen Fall konkret an, der in einem Seniorenheim spielt:

Die Ärger-Show könnte vielleicht so aussehen:
„Diese blöde Mitarbeiterin. Wozu stelle ich hier überhaupt Fachkräfte ein, wenn die dann nicht mal in der Lage sind, Nachtschichten abzudecken? Das kann man ja nun wirklich von einer Pflegefachkraft erwarten. Es ist schon schwer genug, überhaupt Fachkräfte zu gewinnen. Da hat man dann endlich eine gefunden, dann macht die noch nicht mal Nachtschicht. Ich weiß gar nicht, wie ich das hinkriegen soll, wie ich nächste Woche die Nachtschicht absichern soll.  Die eine Kollegin hat extra mit ihrem Urlaub gewartet, bis wir eine neue Fachkraft eingestellt haben.
Und was sagen dann die anderen dazu? Am Ende kommt hier jeder an und sagt, dass er keine Nachtschicht machen kann. Die sind nun mal Pflegekräfte und da ist Nachtschicht normal. Ich habe die Nase voll. Kann nicht mal was reibungslos laufen….usw.“

Wenn wir diese ganzen Ärger- Gedanken aufgeschrieben haben, …
und die sind oft sehr viele. Also eine A4- Seite kann da locker zusammen kommen,

…dann versuchen wir herauszufinden, was wirklich passiert ist,
also ganz einfach nur die Fakten herausfinden – ohne eine Bewertung.

Zum Beispiel: Diese Kollegin habe ich vor drei Tagen eingestellt. Heute hat sie auf dem Dienstplan gesehen, dass Sie in der nächsten Woche Nachtschicht hat. Sie kam zu mir und sagte: „Ich traue ich mir nicht zu, nächste Woche Nachtschicht zu machen. Kann ich mich bitte noch 2 Wochen einarbeiten?“

Dann erforschen wir, wie es uns in der Situation geht. Es sind echte Gefühle gefragt.

In unserem Fall könnte das so aussehen:

Ich bin gestresst. Ich bin ratlos, wie ich die Nachtschicht abdecken kann. Ich merke, dass ich ärgerlich bin – und darunter habe ich die Befürchtung, von den Mitarbeitern nicht ernst genommen zu werden.
Ich bin grad selbst überfordert, weiß grad nicht, wie ich alles schaffen kann.

Diese Gefühle weisen auf unsere unerfüllten Bedürfnisse hin.
Da könnten sich folgende Bedürfnisse zeigen:

  • Ratlos – Ich hätte vermutlich gern einen guten Rat, Unterstützung, Lösung für ein Problem oder auch Klarheit, was da wirklich bei der neuen Kollegin ist
  • Überfordert, gestresst, unter Druck – Ich hätte gern Entlastung.
  • Befürchtung – Ich möchte als Chefin wirksam sein und mit den Mitarbeitern in guten Einvernehmen

Und auch die Gedanken- und Ärgershow enthält Hinweise auf Bedürfnisse:

Es zeigen sich die Bedürfnisse

  • Wirksamkeit, Verantwortung und Zuverlässigkeit (wie die Nachtschicht absichern und schwer genug gute Fachkräfte zu finden)
  • mehr Leichtigkeit (reibungslos, schwer genug, Fachkräfte zu finden)
  • Wertschätzung (Kollegin hat mit Urlaub gewartet)
  • Entlastung, Unterstützung, Gemeinsamkeit (habe die Nase voll)

Nachdem die Bedürfnisse gefunden wurden, gilt es Wege zu finden, dass die Bedürfnisse erfüllt werden können, z.B.

  • Ich geh noch mal auf die Kollegin zu, und frage, was sie da bedrückt, dass sie keine Nachtschicht machen will, denn es ist so schwer, neue Fachkräfte zu finden – und ich habe eine gefunden. (Mit dieser Nachfrage können ganz viele Bedürfnisse erfüllt werden.)
  • Entlastung: Ich brauche selbst Ruhephasen, wo ich geordnet arbeiten kann und mich nicht jeder zwischen Tür und Angel anspricht mit seinem Problem. Ich kann nicht immer offen für andere sein. Ich häng ein Schild an die Tür, wenn ich ungestörte Arbeitszeit brauche und bespreche das in der nächsten Dienstberatung.
  • Wertschätzung: Oh ja ich werde der Kollegin gegenüber ausdrücken, wie sehr es uns geholfen hat, dass sie mit ihrem Urlaub gewartet hat.
  • Wertschätzung, Einvernehmen, Leichtigkeit, harmonisches Klima: Ja all das macht unsere Arbeit leichter, lässt uns gegenseitig unterstützen, verbessert das Klima. Und gutes Klima spricht sich rum, da kommen Fachkräfte gern zu uns. Wie kann ich das erreichen?
    • Ich rede einfach mal mit meinen Leuten, wie sie sich die Zusammenarbeit vorstellen und was behindert und anders gemacht werden kann. Bei meinem Team kann ich mir vorstellen, dass da viel hochkommt. Oh, sollte ich merken, dass sich unter der Decke viel Frust angesammelt hat, den ich nicht mit Leichtigkeit auflösen kann, dann hole ich mir Hilfe. Es gibt ja Trainings, wie man die Kommunikation im Team verbessern kann oder Mediatoren – oder beides zusammen. Ich hab mal was von Gewaltfreier Kommunikation gehört. Was ist das eigentlich?

Wie könnte das Gespräch mit der neuen Kollegin aussehen?

  • Leiterin: „Liebe Schwester Maike, Sie haben mir vorhin gesagt, dass Sie sich noch 2 Wochen einarbeiten wollen, eh Sie die Nachtschicht machen können. Sie haben sicher triftige Gründe, das zu sagen. Kann es sein, dass Sie Ihre Fürsorgepflicht verlässlich erfüllen wollen und die Bewohner noch nicht so gut kennen, dass Sie im Ernstfall schnell und richtig reagieren?“
  • MA: „Ja, das ist mir sehr wichtig. Und hier sind viele Patienten auf Station. Ich habe bisher noch nicht mal alle Patienten gesehen.“
  • Leiterin: „Heißt das, wenn Sie bis zum Wochenende mit allen Patienten und deren Besonderheiten in Kontakt gekommen sind, dass Sie sich die Nachtschicht dann zutrauen würden?“
  • MA: „Also um die Besonderheiten zu wissen, da könnte ich schon vieles diese Woche lernen, wenn mich jemand gut einführt. Und es wäre für mich auch wichtig, zu wissen, wie die Nachtschicht in Ihrem Hause genau abläuft, das ist ja überall etwas anders. Vor allem müsste ich wissen, wo ich im Ernstfall Unterstützung herbekomme. Es wäre mir einfach lieb, wenn ich die Abläufe hier im Hause schon besser kenne.
    Ich sehe ja, dass wir zurzeit sehr wenige sind, weil Urlaubszeit ist – und Nachtschichten sind in unserem Beruf normal.
    Wenn es unbedingt gebraucht wird, dass ich in der nächsten Woche Nachtschicht mache, dann brauche ich mehr Einweisung in dieser Woche – und am schönsten wäre, wenn die ersten 2 Nächte jemand mit Erfahrung im Haus und mit den Bewohnern in der Nachtschicht dabei wäre. Das könnte auch eine Hilfskraft sein. Die weiß ja auch, wo sich was befindet und kennt die Besonderheiten der Patienten. Ist das machbar, dass mich eine Hilfskraft die ersten beiden Nachtschichten unterstützt?
  • Leiterin: „Oh das ist doch kein Problem. Es sind immer auch Hilfskräfte in der Nachtschicht dabei. Das war wohl da, wo Sie herkommen anders?“
  • MA: „Ja leider. Man war in der Nachtschicht allein.“

Nun ist das Hauptproblem aufgelöst. Spüren Sie es als Leser auch?

Der ganze Ärger vom Anfang – er erweist sich als Schall und Rauch – aber eben auch als Signal, das etwas nicht stimmt und erlöst werden will hier im Beispiel sind es verschiedene Erfahrungen mit Nachtschichten.
Die Methode, die zum Auflösen genutzt wurde, heißt, Gewaltfreie Kommunikation.